KUNST unter LEUTE 2023

3. Oktober 2023 von 14.00 bis 17.00 Uhr

Bei KUNST unter LEUTE 2023 treffen 4 Autorinnen auf 4 Stralsunder Künstlerinnen.
Von 14.00 bis 17.00 Uhr finden zeitgleich an 4 besonderen Orten in Stralsund Lesungen und Literatur-Performances statt.

✓ Der Eintritt ist frei.

Alle Orte können gut zu Fuß erreicht werden.

Opening-Party am 2.10.2023 ab 19:00 im strahlwerk Stralsund

Das Programm

Atelier Sarah Kunze I Fährstraße 26

Das Atelier Sarah Kunze befindet sich in der historischen Fährstraße. Einfach vom Stadthafen die Straße hoch, an der Fähre bei Hanni vorbei, immer auf den wunderschönen Giebel an der Ecke Schillstraße zu. Kann man nicht verfehlen.

Garage I Am Fährkanal 2

Zur Garage geht man in Richtung Hafeninsel und überquert am besten die Semlower Brücke, schaut einmal kurz aufs Wasser und die kleinen Boote, die da jetzt im Oktober noch liegen, um sich dann ein wenig links zu halten. Dort sind die nicht zu übersehenden türkis patinierten Garagentore, die, wenn etwas los ist, offenstehen.

Kompanie Kabruusch I Neue Semlower Straße 6/8

Zur Kompanie Kabruusch spaziert man am besten über die Semlower Brücke auf die Hafeninsel und dann noch ein kleines Stück geradeaus. Zu übersehen ist das Gebäude auf keinen Fall. Backsteinrot ragt der alte Speicher, der eigentlich mal eine Mühle war, in den Himmel – höher als das Ozeaneum.

strahlwerk I Dänholmstraße 7

Zum strahlwerk Stralsund gelangt man, wenn man von der Hafeninsel in Richtung Rügenbrücke läuft. Immer am Querkanal entlang. Auch dieser Weg hat Geschichte. Man schlendert zu Fuß von der Altstadt in circa 15 Minuten hierhin. Wenn man trödelt. Flinke Füße schaffen das schneller.

Die Autorinnen

Ulrike Sebert

lebt als freie Autorin für Kulturradiosender in Stralsund, schreibt Lyrik und Prosa. Manchmal auch ein Kinderbuch. Bis heute Veröffentlichungen von Prosa und Lyrik in RISSE MV und Anthologien. Eigenständige Veröffentlichungen im mückenschweinverlag stralsund: Sundschwimmen (2014) und Wie die Kuh Liese zum Baden kam (2015). Von 2009 bis 2014 Mitorganisatorin der Stralsunder Lesebühne textrabatt.

Hier geht es zu Ulrikes Website >

Everest Girard

1982 in Frankreich geboren, lebt Everest Girard seit 20 Jahren in Deutschland. Seit 2016 lebt und arbeitet sie in Rostock als freie Autorin und Übersetzerin. Sie schreibt Kurzgeschichten und tritt auf Lesebühnen auf. Im Frühling 2022 gründete sie zusammen mit Claudia Schlegel und David Lorenz die Freiluftbühne terrain vague: freiluftexte. 2023 startete sie mit Marion Skepenat den Podcast VERSTRICKT UND ZUGETEXTET. Aktuell ist ihr erster Roman in Arbeit, für den sie das Arbeitsstipendium vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern erhalten hat.

Anke vom Sund

Anke vom Sund fühlt sich in der Lyrik und am Wasser zu Hause. Sie hat in verschiedenen Anthologien und Magazinen publiziert und ist die Autorin des ABC zur SEE. Die besondere Flaschenpost. Sie bricht gern Schubladen auf und arbeitet dabei mit Künstler:innen aus anderen Sparten zusammen. Sie hat zusammen mit Ulle Sende das multimediale Projekt FrissLiebe ins Leben gerufen. Sprache, Klang und Raum sind Elemente, die sie gern in ihren Performances verbindet. Sie ist Inhaberin der Labels Fisch&Kopp. Label Für Poesie im Alltag.

Silke Peters

Autorin, wohnt seit fast zwanzig Jahren in Stralsund. Ist eine Zugezogene aus Mecklenburg. Kleingärtnerin in Andershof. Erforscht den poetischen Moment mit unterschiedlichen Mitteln. Gibt manchmal auf, manchmal aber auch nicht.

Die Künstlerinnen

Sarah Kunze

Wer wissen möchte, wie Sarah Kunze arbeitet und was sie inspiriert, geht am besten auf ihre Webseite oder schaut direkt im kleinen Atelier am Mägdebrunnen vorbei.

Hier geht es zu Sarahs Website >

Svea Gustavs

Bildende Künstlerin aus Stralsund.

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Doerhte Loeper, Pappmachérie

schafft Kunstwerke aus Pappmaché. Die meisten sagen zu ihr Doerthe oder Frau Loeper, das ist ihr Name. Es gibt einen der sagt zu ihr Mami, manchmal auch Mamudi. Ihre Enkelkinder sagen zu ihr: Doerthi. Sie liebt das Leben: schwarz, grau, schiefer, braun und alles gemischt, Jazz, Klassik, vor allem laut, Hund, Pferd und Katz, Milchkaffee, Wasser, Minztee, Rotwein, Bohnenkraut, Dill, Minze, Oregano (griechisch), Moor-Lavendel, Lindenblüte, Orange, Styrax, Amber, Sonne, Nieselregen, Schnee. Ihr Lieblingswort: Gedankenbequem.

Hier geht es zu Doerhtes Website >

Gordana Schmelzer

Gordana hat kroatische Wurzeln, lebt und arbeitet in Stralsund und Berlin. Nach dem Abschluss eines Architekturstudiums 2001 hat sie sich autodidaktisch der Malerei zugewendet und arbeitet vorwiegend mit Acrylfarben auf Papier und Leinwand, von gegenständlich bis abstrakt. Das Sujet zeigt auf Groß- bis Kleinformaten die empfundene lebendige Natur. Die Werke sind in ihrem Atelier und auf Ausstellungen zu sehen. Das Material Wachs spielt dabei zunehmend eine Rolle als bewahrendes und heilendes Medium. Im strahlwerk ist ihr Atelier regelmäßig offen für interessierte Menschen, die sich mit künstlerischen Mitteln entdecken, erproben und entwickeln wollen.

 

Die Orte

Atelier Sarah Kunze I Fährstraße 26

Das Atelier Sarah Kunze in der Fährstraße 26 liegt mitten in der Altstadt auf einer der uralten Lebensadern der Stadt, die vom Hafen zum Markt führt (und andersum). Schick gemacht hatte sich die Fährstraße damals schon. Mit tollen Giebeln, Türen und Farben. Der dreigeschossige Putzbau aus dem Mittelalter wirkt wie ein Schiff auf See. Stolz ragt der Bug in die Straßenbiegung zur Schillstraße hinein. Fertig zum Ablegen.

Ursprünglich war das Gebäude als Wohnhaus für Händler und Handwerker gebaut worden. Auch der schwedische Artillerieleutnant Friedrich Gustav Petersson kaufte es 1798 zu diesem Zweck. Dieses Kapitel in der Fährstraße 26 hat allerdings ein tragisches Ende genommen. Es erzählt eine Geschichte, die mit Ferdinand Schill, Napoleons Bruder und einer Freundschaft zu tun hat. Petersson hatte als Ortskundiger der Stadt Schill erfolgreich dabei geholfen, die französischen Besatzer zu vertreiben. Aber nicht lange. Wie man weiß, wurde Ferdinand Schill auf der Flucht, so heißt es, getötet. Sein Kopf wurde vom städtischen Chirurgen am Alten Markt abgetrennt und als Beweis an Napoleons Bruder nach Kassel geschickt. König Jérôme Bonaparte, König von Westphalen, oder auch König Lustig.

Auch für Petersson wurde es eng. Er versteckte sich auf dem Dachboden seines Hauses. In der Fährstraße 26. Allerdings wurde er verraten und die französischen Truppen erschossen ihn in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Und was hat diese Geschichte mit Freundschaft zu tun?

Dafür muss man ein kleines Stück weiter bis zum Knieper Tor gehen. Dort steht ein unscheinbarer Gedenkstein mit der Inschrift: Dem unvergesslichen Andencken an meinen Freund C:G:P gewidmet von E:V:S. Eine kryptische Erinnerung an Petersson und irgendwie auch an die Fährstraße 26. Es war Ehrenfried von Storch, Freund und auch der Pate des Sohnes von Friedrich Gustav Petersson, der diesen Gedenkstein anfertigen ließ. Vorerst stand er abseits in den Kampischen Höfen. Die Zeiten waren nicht für große Nachrufe geeignet.

Die Fährstraße 26 wurde 1970/71 von polnischen Fachleute von Grund auf saniert. Auch der schnörklige 14 Meter hohe Barockgiebel wurde wieder erstellt. Der erste Mieter nach der Sanierung war dann die Ostsee-Zeitung. Heute befinden sich dort das wunderbare Atelier Sarah Kunze und ein sehr schöner Buchladen.

Garage

Die Garage und die Stralsunder Familie Stabenow, traditionsreiches Goldschmiedeatelier in der Badenstraße 1, gehören zusammen. Denn Großvater Hinze (mütterlicherseits) besaß ein Fuhrunternehmen und in der Garage am Fährkanal stand sein Fuhrwerk. Das noch zu Zeiten, in denen der Hafen, nicht so aussah wie heute, sondern einer war, in dem Waren hin- und her geschippert wurden. Später wurde das Fuhrwerk gegen den LKW getauscht.

Zu DDR-Zeiten war die Garage verstaatlicht und diente als Zweigstelle von Ostseetrans. Jetzt wurden hier die LKWs nicht mehr untergestellt, sondern repariert. Es gab eine Grube, wie das in Autowerkstätten so ist, und einen Flaschenzug. Den gibt es heute noch.

Mitte der 1990iger Jahre bekam Oma Hinze ganz überraschend die Garage durch die Treuhand zurück. Und das war der Anfang von neundreiviertel Jahren Kunst und Kultur in der Garage.

Die Brüder Carsten und Oliver Stabenow legten praktisch aus dem Nichts los. Entrümpeln, Platz machen, Kreative reinholen. 1996 fand der erste der legendären Garagensommer statt. Unterschiedlichste Künstler*innen von sonst wo begegneten sich hier. Es waren die tollen 90iger, da lag etwas Gutes in der Luft. Da war ganz viel möglich, und Stralsund war dabei. Immer im Sommer, anfangs vier Wochen, später drei. Bis 2005.

Dann war es 17 Jahren lang still in der Garage. Sie stand einfach da und legte Patina auf ihre türkisblauen Türen. Bis sie vor zwei Jahren ihre Widerauferstehung feierte. Maria Fechner, Martin Werner und Marcel Klehm sind es nun, die die Garage im alten Geiste neu bespielen. Perform-Dance, Jugendkunstschule, Klavierkonzert, Elektro-Party, Ausstellung und eben auch KUNST unter LEUTE finden hier einen offenen Raum mit belebter Geschichte.

Kompanie Kabruusch I Im Speicher in der Semlower Straße 6/8

Die Neue Semlower Straße 6-8 befindet sich auf der Hafeninsel. In dem backsteinrot leuchtenden Speicher ist schon seit einer ganzen Weile die Produzentengalerie Kompanie Kabruusch zu Hause. Den Stralsundern ist das Gebäude noch als Speicher der Getreide AG in Erinnerung. Dass dort aber mal eine der Dampfmühlen Stralsunds stand, das wissen nur noch wenige.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte auch in der Müllerzunft das Dampfwesen als neue Antriebskraft Einzug gehalten. Es waren Zeiten eines enormen Wandels. Die Industrialisierung schwebte über allem. Dinge verschwanden. Neues entstand. Auch auf der Hafeninsel. Hier ließ Albert Karl Franz Bäsell (jun.), der von seinem Vater noch das traditionelle Müllerhandwerk erlernt hatte, eine Dampfmühle erbauen. 1920 ging es dann los, und zwar ganz innovativ mit einem Sauggasmotor. Das Wasser für die Anlage kam aus dem Fährkanal. Das Kondenswasser ging unterirdisch in den Sund. Sauber war das nicht. Das wird aber erst ein paar Generationen später zum Thema.

Bäsell selbst war wie ein Motor für das Mühlenwesen in Stralsund. Er engagierte sich in der Müllerinnung und in etlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gremien. Schon knapp ein Jahrzehnt später, um 1930, musste er dennoch Konkurs anmelden. Im selben Jahr kam sein Sohn bei einem Unfall in der Mühle ums Leben. Bäsell folgte ihm im Jahr darauf. Er wurde nur 48 Jahre alt. Die Mühle blieb. Beziehungsweise das imposante Gebäude.

Die Firma Koch& Poggendorf erwarb als Nachfolger das Grundstück und nutzte die Mühle zur Lagerung und Reinigung von Getreide. Auch nach 1945 wurde hier Getreide gelagert, nur dass es jetzt die Stralsunder Getreidehandelsgesellschaft war.

In den 1990ger Jahren ging das Gebäude in städtisches Eigentum über und stand dann lange leer. Wie ein hohler Zahn der Zeit dämmerte es vor sich hin. Bis die Kompanie Kabruusch einzog, Fenster einbaute und ansonsten dem Raum das ließ, was er wohl schon immer hatte. Viel Luft nach oben.

Kabruusch bedeutet gemeinsame Sache machen und so teilen sich inzwischen 13 Künstler:innen aus Stralsund und Umgebung die Galerie, stellen aus, kreieren und verkaufen von Mai bis Oktober. Dann geht es in die Winterspause.

strahlwerk. Atelier für zirkuläres Denken I Dänholmstraße 7

Das strahlwerk befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Reparaturwerft. Heute kaum vorstellbar, dass hier in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Sundwellen auf den Strand der Frankenvorstadt plätscherten.

Als zu dieser Zeit der Schiffbau in Stralsund boomte, war die Lastadie, der Platz auf der Hafeninsel, zu klein geworden. Hier teilten sich damals vier Schiffbauer den Platz, auf dem auch noch verladen wurde. Die Boote wurden größer, anscheinend wurde alles irgendwie mehr, der Platz zu klein und eine Verlegung an den Strand in der Frankenvorstadt wurde in Angriff genommen. Einzig die Lage störte die Schiffbauer. Es war ihnen zu fern der Stadt – So ändern sich die Dimensionen.

Im Mai 1855 bewilligte die Bürgerschaft 70.000 Reichstaler für die Herstellung des neuen Bootsbau-Standortes und schon ein Jahr später war er fertig gestellt. Kurz darauf wurde der Weg zum neuen Schiffswerftplatz gepflastert und die Straße erhielt den Namen „An der neuen Schiffswerft“. Später wurde sie schlicht und einfach in „Werftstraße“ umbenannt.

Sechs Schiffbaubetriebe befanden sich zu Hochzeiten hier. Außerdem die Königliche Lagerwerft, ab 1900 auch einfach die Staatswerft genannt. Zur Jahrhundertwende umfasste diese einen Locomobilschuppen, der an das Schmiede- und Werkstattgebäude angebaut war, eine Dampfmaschinenanlage, ein Beamtenwohnhaus (das übrigens heute noch steht), einen Ölkeller, einen Kraftwagenschuppen und eine Bürobaracke. Im 2. Weltkrieg wurde Vieles davon zerstört.

Dennoch arbeitete man auch nach 1945 auf der Werft weiter, und zwar mit der Instandsetzung gesunkener Schiffe und laufenden Reparaturen. Das Segelschulschiff Gorch Fock wurde hier zum Beispiel in den 1950er Jahren für seine Überführung nach Rostock vorbereitet. Zu DDR-Zeiten hieß der Betrieb dann VEB Schiffbau- und Reparaturwerft.

Nach der Wende wurde auf dem Gelände die Strahl GmbH gegründet, eine Gesellschaft zur Beschäftigungsförderung. 30 ehemalige Beschäftigte der Volkswerft arbeiteten hier noch bis 2007. Dann ging die Strahl AG in die Insolvenz.

Das Gebäudeensemble auf dem ehemaligen Gelände der Reparaturwerft hat sich in eine Art Trägheit gefügt. Man spürt die Arbeit noch. Nur dass sich das Woran gewandelt hat. strahlwerk, Atelier für zirkuläres Denken, bietet heute Platz für Miteinander und Kreativität. Die Fläche tut gut. Sie bietet etwas, was in den letzten Jahren mehr und mehr aus vielen Städten verschwindet – Freiraum.

Hier geht es zur Website vom strahlwerk >

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